Klasse Europa!


Europa-Wahlen - mit einem Mehrklassenwahlrecht wie zu Kaisers Zeiten -
Einzige Möglichkeit zur Verhinderung des Freihandelsabkommens mit den USA!

Am 25. Mai 2014 findet in Deutschland die nächste Wahl zum Europa-Parlament statt.

Seit Mitte des vergangenen Jahres wird - unter Ausschluss der Öffentlichkeit - das Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP oder Trans-Atlantic Free Trade Agreement, TAFTA) zwischen amerikanischen Staaten unter der Federführung der USA und den europäischen Staaten unter Leitung der EU verhandelt. Die Befürworter dieses Abkommens argumentieren mit einem erhöhten Wirtschaftswachstum und einer zunehmenden Beschäftigung nach Inkrafttreten eines solchen Vertrages.

Tatsächlich gehen Experten selbst unter günstigsten Voraussetzungen von einem zusätzlichen Wirtschaftswachstum von 0,4 Prozentpunkten aus - nicht 4 % und schon gar keine 40 %, wie uns vielleicht die Diplom-Physikerin aus der Uckermark weismachen möchte.

Auf der anderen Seite aber würden danach praktisch sämtliche EU-internen Regelungen zum Verbraucherschutz nur noch auf dem Papier stehen und hätten keine rechtliche Wirkung mehr, sofern sie nicht ähnlich auch in den USA bestehen, weil diese dann ein Handelshemmnis darstellen und den freien Warenaustausch innerhalb dieser Freihandelszone behindern. Im Falle von Importverboten, z.B. wegen Überschreitung zulässiger Grenzwerte gesundheitsschädlicher Stoffe in Lebensmitteln, könnte der amerikanische Exporteur den jeweiligen Staat, der für sein (nicht den EU-Normen entsprechendes) Produkt - dem Handelsabkommen widersprechend - ein Importverbot verhängt, auf Schadensersatz verklagen. Für die resultierenden Kosten würde dann der Steuerzahler aufkommen müssen.


Die Europäische Kommission strebt an, das TAFTA-Abkommen, das ganz überwiegend von Vertretern aus Industrie, Handel, Banken und Versicherungen und nahezu ohne Beteiligung anderer wichtiger Gesellschaftsgruppen verhandelt wird, bis zum Jahr 2015 zum Abschluss zu bringen. Die EU-Kommission wird dann diesen TAFTA-Vertrag noch dem Europa-Parlament zur Ratifizierung vorlegen müssen. Dies ist dann faktisch der einzige Moment, in dem die von dem Abkommen betroffenen EU-Bürger mittlelbar und halbdemokratisch Einfluss auf den Vertrag nehmen können - durch Ablehnung dieses Vertages seitens der EU-Parlamentarier.

Kaiser Wilhelm II (Quelle: Public Domain) - 
wie Putin - ein lupenreiner Demokrat und demokratisches Vorbild unserer EU-Kommission Das Europa-Parlament wird im Mai 2014 gewählt. Die Europa-Wahlen sind traditionell Mehrklassen-Wahlen mit unterschiedlichem Stimmgewicht der Bürger verschiedener EU-Staaten. Um das zu verschleiern, spricht die EU-Kommission in ihren Veröffentlichungen von einer "degressiven Proportionalität" des Stimmgewichtes. Mathematisch ist dieser Begriff grober Unfug. Entweder ist etwas "proportional" oder eben nicht. Der Begriff "degressive Proportionalität" ist ähnlich absurd wie bei Pferden ein "schwarzer Schimmel", weil er mit Proportionalität nichts mehr zu tun hat.
Zudem findet die in den einzelnen Staaten der EU an mehreren Tagen durchgeführte Wahl nicht einmal nach einem einheitlichen Wahlmodus statt. In den einzelnen Staaten existieren unterschiedliche Sitzzuteilungsverfahren und Sperrklauseln. Sogar das Mindestalter der zu wählenden Parlamentarier (passives Wahlrecht) variiert innerhalb eines Spektrums von 18 bis 25 Jahren. Von Wahlgleichheit
("One man, one vote") ist man in der EU also weit entfernt. Die Drei-Prozent-Sperrklausel auf deutscher Seite wurde zwar Ende Februar vom Bundesverfassungsgericht kassiert, wodurch aber die EU-interne Schieflage bei der Berücksichtigung der abgegebenen Stimmen aus verschiedenen Ländern nicht im Geringsten aufgehoben wird. Hierüber hinwegtäuschen können auch nicht die noch vor jeder Europa-Wahl von EU-Parlamentariern oder Mitgliedern der EU-Kommission zur Motivation der Wähler veröffentlichten "Willensäußerungen", Europa zu demokratisieren. Diese "Bestrebungen" verlaufen dann stets nach der Wahl bestenfalls ebenso regelmäßig im Sande. Für deutsche EU-Bürger hat man sogar - trotz langfristig wachsender Bevölkerung und bisher schon bestehenden starken Untergewichts der einzelnen Wählerstimme - die Anzahl der Abgeordneten im EU-Parlament von bisher 99 auf (ab der nächsten Wahl) 96 Mitglieder noch weiter reduziert, womit die bisher bestehende Wahlungleichheit sich noch vergrößert hat.


Das Europa-Parlament dient ganz überwiegend der Kontrolle der - nicht demokratisch gewählten - EU-Kommission, welche die Gesetzesinitiative auf EU-Ebene innehat. Das ausgehandelte Transatlantische Handelsabkommen (TAFTA) wird die EU-Kommission dem EU-Parlament zur Abstimmung vorlegen müssen, bevor es überhaupt in Kraft treten kann.


Wie stehen die Parteien zu einem Freihandelsabkommen mit den USA?


CDU: Zum Thema "Freihandelszone und Verbraucherschutz" ist bei dieser Partei im Internet noch nichts Substantielles zu finden.


Die SPD äußert sich in ihrem Wahlprogramm zur Europawahl dahingehend, dass "eine Handelsliberalisierung ... aber nicht zum Absinken unserer rechtsstaatlichen, sozialen, ökologischen oder Standards beim Verbraucherschutz führen" darf. Schon bezüglich der zu befürchteten Klagen privater Investoren gegen Staaten der EU (sogenannte "Investor-Staat-Klagen") wird sie aber schwammig und verliert sich in einer gewissen Blauäugigkeit im Konjunktiv: "Die Streitschlichtung zwischen Investoren und Nationalstaaten sollte möglichst durch reguläre öffentliche Gerichte erfolgen." Tatsächlich sind solche internationalen Handelsgerichte, vor denen Vertragsverletzungen gegen Freihandelsabkommen verhandelt werden, in der Regel von Wirtschaftsanwälten privater Kanzleien besetzt, die Verhandlungen finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt (äußerst transparent!) und eine Berufung ist nicht möglich. Die hohen Entschädigungen für entgangene Gewinne zahlt aber der Staat.

Bei dieser Haltung ist davon auszugehen, dass die SPD-Mitglieder im Europa-Parlament zwar einzelne Punkte am Verhandlungsergebnis in der Debatte kritisieren, letztendlich aber alle Kröten schlucken und auch einem TTIP, das Verbraucherrechte und Umweltschutz aushebelt, zustimmen werden.


Die Grünen sind nicht einverstanden mit der Intransparenz der TTIP-Verhandlungen und fordern deshalb deren Aussetzung. Das Europawahlprogramm der Grünen sagt hierzu: "Wir GRÜNE werden keinem Abkommen zustimmen, das europäische Standards und Gesetze untergräbt. "


Die Linke sagt ganz klar:

"Mit dem transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP wollen EU und USA Konzernen noch mehr Rechte geben - das heißt noch weniger Demokratie und weniger Spielraum für soziale und Umweltstandards auf beiden Seiten des Atlantiks. DIE LINKE kämpft an der Seite von sozialen Bewegungen und Gewerkschaften aus Europa wie den USA gegen dieses Projekt."



Die Piraten-Partei lehnt das TTIP alias TAFTA ebenfalls ab.


Die FDP überschätzt die positiven wirtschaftlichen Aspekte eines solchen Handelsabkommens und spricht sogar von einem Wirtschaftswachstum von einem Prozent. Das erinnert stark an die großspurigen Versprechungen im Zusammenhang mit der Euro-Einführung im Jahre 2002. Verbraucherinteressen werden hingegen von ihr nicht als relevant wahrgenommen. Zitat von der FDP-Website:

'Lindner meint: „Wir dürfen uns diese Potenziale nicht entgehen lassen. Experten prognostizieren einen Wachstumsschub von bis zu einem Prozent des Bruttoinlandsproduktes.“ Es wird erwartet, dass in Deutschland über 100.000 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen, Produkte preiswerter werden und sich auf den Gütermärkten mehr Qualität durchsetzt und für Kunden eine größere Auswahl entsteht, zählt er die Vorzüge des Abkommens auf.'


Fazit: Von den derzeit an der Bundesregierung beteiligten Volksparteien der großen Koalition ist eine nennenswerte Kontrolle des Verhandlungsergebnisses eines TTIP-Abkommens im Sinne der Verbraucher, Arbeitnehmer und der Umwelt nicht zu erhoffen. Wer als Wähler bei der Europawahl zumindest geringen Einfluss im Sinne nicht ausschließlich durch Industrie und Handel bestimmter Gesichtspunkte ausüben möchte, sollte Kandidaten der jüngeren Parteien in die engere Auswahl nehmen. Dass die gültige eigene Stimme bei der Wahl völlig unter den Tisch fällt, muss man - nach der jüngsten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes - kaum noch befürchten.


(Lydia Grimm)