Brunnenfrau_am_KulturCafe





















Geht's noch?


Die „Affäre“ Edathy zieht Gesetzesverschärfungen bezüglich der Verbreitung und öffentlichen Darstellung von Kinderphotos nach sich – Auswirkungen auch auf die Kulturszene sind zu erwarten.


Radarkontrolle vor der Erich-Kästner-Grundschule in Waltrop. Vor 10 Jahren hat man hier, aufgrund der Verkehrssicherungseinrichtungen - wie Absperrgitter zur Straße und Zebrastreifen - war es auch zuvor höchst selten zu einem Verkehrsunfall gekommen, die Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h beschränkt. Seitdem führen Polizei und Stadt zu allen Jahreszeiten ambulante Geschwindigkeitskontrollen durch – mit stetig sinkenden Erfolgsquoten. In den zwei Stunden zwischen 7.00 und 9.00 Uhr tappst diesmal nicht ein einziger Autofahrer in die – durchaus gut versteckte – Radarfalle!


Von Gründen ...


Das ist schlimm, denn zwar haben sich seit Einführung von Tempo 30 hier gar keine Verkehrsunfälle mit Personenschäden mehr ereignet, aber die Stadt ist praktisch pleite und benötigt dringend auch Einnahmen aus Verwarnungs- und Bußgeldern!

Schnell kommt man in der Stadt zum Schluss,

dass sich hier was ändern muss!

Also beschließt man wenige Monate später im Rat der Stadt, dass vor allen Grundschulen und Kindergärten künftig Tempo 10 eingeführt werde, um die Kinder noch besser zu schützen – und hofft, damit die Einnahmen, mitverursacht durch ungenaue Tachometeranzeigen der PKW im Niedergeschwindigkeitsbereich, signifikant zu erhöhen.


und Vorwänden ...


Die eben dargestellte Geschichte ist fiktiv, durchaus aber denkbar und so ähnlich vielleicht auch schon geschehen. Die folgende Erzählung weist gleichnishafte Parallelen auf und ereignete sich erst jüngst.

Ein Abgeordneter des Bundestages mit genetischer Veranlagung zur Pädophilie – ebensowenig „heilbar“ wie eine gleichgeschlechtliche sexuelle Präferenz, die gleichfalls genetisch verursacht ist (Homosexualität nennt man das) - bestellt über das Internet Bilder von halbnackten und nackten vorpubertären Kindern, deren Geschlechtsteile manchmal sichtbar, in keinem Falle aber besonders herausgestellt oder gar hervorgehoben sind.

Um in unserer zunehmend prüden und rückwärtsgewandten Gesellschaft, in der sogar ein Herr Trittin (Die Grünen, MdB) sich vor der Bundestagswahl 2013 genötigt sah, sich von eigenen früheren Aussagen zur Liberalisierung der Pädophilie (Anfang der noch liberalen 80er Jahre des vergangenen Jahrhunders) zu distanzieren, keinen Argwohn zu erregen, ordert dieser Mann nun die Bilder aus Amerika teilweise über ein Pseudonym.

Die Bilder sind anscheinend legal. Nur weil jedoch derselbe Versender dieser Bilder zufälligerweise auch „richtig harte“ Kinderporno-Bilder vertreibt, gerät der Abgeordnete mit der nicht normgerechten sexuellen Neigung gleichwohl in die Fänge staatsanwaltlicher Ermittlungen. Eine Innenminister-Plaudertasche der erzkonservativen Christlich-Schizophrenen Union (CSU) pfeift auf die Datenschutzgesetze und gibt diese Informationen an den Fraktionsführer der SPD und letztlich an die Öffentlichkeit weiter.


für legislativen Aktionismus


Der „Skandal“ ist da – und mit dem „Skandal“ auch gleich die Forderungen nach und bald auch Realisierung von schärferen Gesetzen, damit wenigstens künftig die durch den Delinquenten beschafften Bilder dann nicht mehr legal wären, was ja die staatsanwaltlichen Ermittlungen im Nachhinein rechtfertigen könnte (christlich-schizophrene Logik).

Sachlich besteht kein Handlungsbedarf für eine weitere Gesetzesverschärfung. Zwar mag aufgrund der erst im Jahre 2008 verschärften Gesetzgebung die Anzahl der verurteilten Straftäter in diesem Bereich stark zugenommen haben, die Anzahl der missbrauchten Kinder sicher aber nicht – es sei denn dadurch, dass der Gesetzgeber den Missbrauchs-Begriff immer weiter fasst und heute Taten erfasst werden, die noch vor 40 Jahren nicht einmal einer Zeile in der Lokalzeitung würdig gewesen wären.

Da bekommt ein Turnlehrer aus Castrop-Rauxel schon heute über 3 Jahre Gefängnis aufgebrummt (Landgericht Dortmund, WAZ vom 19. Februar 2014), nur weil er Fotos und Filme nackter Mädchen erstellte – körperliche Berührungen fanden anscheinend nicht statt. Unter erwachsenen Menschen muss man für ein derartiges Strafmaß schon eine schwere Körperverletzung begangen haben, mitunter sogar eine Körperverletzung mit Todesfolge. Wo bleibt da die Verhältnismäßigkeit des Gesetzgebers? Führen wir für wirklich schlimme Delikte (sexuelle Vergewaltigung von Kindern) konsequenterweise demnächst wieder die Todesstrafe ein? In rechtsradikalen Kreisen (-> infoportal-dortmund.net) sind derartige Forderungen durchaus populär. Zu erwähnen wäre in diesem Fall aus Castrop-Rauxel noch die äußerst dünne Quellenlage, die vermuten lässt, dass beim Prozess vor dem LG Dortmund überhaupt nur ein Journalist anwesend war. Praktisch alle zugänglichen Berichte enthalten verdächtig gleichlautende Formulierungen, aus denen nicht einmal zu ersehen ist, worin denn die sexuellen Handlungen von, an oder vor Kindern (§184 b, Abs. 1, Satz 3, Herstellung sogenannter "kinderpornographischer Schriften") , für die der Delinquent ja verurteilt worden sein soll, bestanden.

Interessanterweise heizen gerade die Kinderschützer von "Zartbitter" , aus den frühen 90er Jahren bekannt als professionelle Hexenjäger, die die Existenz eines Kindergärtners im Münsterland mit ihren Falschanschuldigungen des Kindesmissbrauchs vernichteten, mit ihren Forderungen mal wieder die Hysterie an.

Auch sonst seriösere Zeitungen wie die WAZ scheuen sich nicht, im Falle Edathy sich der Bild-Zeitung, deren, nicht erst seit ihrer „Schwarzer-Geld“-Affäre moralisch verfaulte, Repräsentantin Alice - als damalige Herausgeberin der „Emma“ übrigens - ebenfalls an der Verleumdung im gerade erwähnten Fall beteiligt war, anzunähern und den Abgeordneten Edathy vorzuverurteilen:

Edathy inszeniert sich als Opfer übergriffiger Staatsanwälte... Wie gut, dass sich das Volk von ihm im Parlament nicht mehr repräsentieren lassen muss.“ (Zitat Ulrich Reitz, Chefredakteur der WAZ, 19.2.2014). Mein lieber Herr Reitz! Noch leben wir in einem Rechtsstaat – und da gilt für einen Beschuldigten zunächst einmal die Unschuldsvermutung. Und wenn Sie davon sprechen, dass Sigmar Gabriel mit dem angedrohten Hinauswurf Edathys aus der Partei „die ethische DNA seiner Partei schützen“ wolle (Quelle s.o.), begeben sie sich in die geistige Nähe zur NPD. Die empfindet Homosexualität übrigens als genau so „pervers“ wie Sie die Pädophilie.


Kinderbilder bald nur noch in Burka?


Nackter_JünglingHerr Reitz frohlockt „Fiese Fotos werden endlich verboten“ in der Überschrift seines Kommentars. Strafbar ist schon jetzt die Verbreitung kindlicher Nacktphotos, auf denen die Geschlechtsorgane besonders herausgestellt werden.

Wie problematisch die Situation mittlerweile ist, zeigt die Abkündigung der Balthus-Kunstausstellung im Folkwang-Museum in Essen vor wenigen Wochen. Die Polaroid-Photos des oft “halbnackten“, damals 8 bis18-jährigen, Mädchens wurden - mit Zustimmung des Modells - bereits im vergangenen Jahr in einer New Yorker Galerie öffentlich präsentiert. Aus Angst vor einer Pädophilie-Debatte, gefolgt von einem etwaigen vorzeitigen Verbot der Ausstellung, zog das Museum - schon unter Berücksichtigung der noch bestehenden Rechtslage - die für Anfang April 2014 geplante Ausstellung zurück.


Die gleiche Tendenz allgemeiner Verklemmtheit zeigt sich bei Kunst im öffentlichen Raum. Die Stadt Oberhausen wollte Ende des vergangenen Jahres auf einer Kreisverkehrsinsel eine 4 Meter hohe Bronzeskulptur der Göttin Concordia, geschaffen vom Künstler Jörg Mazur, aufstellen – passend zur Nachbarschaft des Geländes der ehemaligen Zeche Concordia. Das Projekt ist mittlerweile gestorben - nicht zuletzt aufgrund kleingeistiger Bedenken der Gleichstellungsbeauftragten. Argumentiert wurde u.a., dass die Autofahrer abgelenkt werden könnten. Dieselbe Stadt verfügt aber über einige Großwerbeflächen in ebenfalls unmittelbarer Nachbarschaft zur Fahrbahn, teilweise direkt über Radwegen, die die Aufmerksamkeit der Kraftfahrer mindestens ebenso vom Verkehr ablenken können.


Im Europa der Freizügigkeit geht ausgerechnet die künstlerische Freiheit allmählich verloren. Wer die liebt, fährt wohl besser woanders hin.


(Deborah Grieß)